Bahn frei für Biomasse und Sonne!

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KEM-Manager im Porträt. Das Kernkraftwerk ging nie in Betrieb, das Kohlekraftwerk Dürnrohr wurde heuer stillgelegt. Dafür legen Biomasse, Photovoltaik und E-Mobilität in der Klima- und Energie-Modellregion (KEM) Alternatives Zwentendorf-Tullnerfeld West zu und Franz Figl treibt diese Entwicklungen kräftig voran.

Entscheidungen in den Bereichen Bauen, Energie- und Haustechnik sind Entscheidungen für Jahrzehnte. Davon kann KEM-Manager Franz Figl ein Lied singen. Sogar der Bau des AKWs in den 1970er-Jahren wirkt indirekt bis heute nach. Denn parallel zum Kraftwerk wurde damals auch der Donauhof Zwentendorf errichtet, ein Veranstaltungszentrum mit Restaurant, Kegelbahn und Vereinsräumlichkeiten. Schließlich sollte den zahlreichen BauarbeiterInnen nicht langweilig werden.

Biomasse statt Strom. „Natürlich wurde in das Gebäude damals eine ‚moderne‘ Stromheizung eingebaut“, erklärt Figl. „Nachdem das nun in Gemeindebesitz befindliche Gebäude vor einigen Jahren bereits thermisch saniert und mit einer Photovoltaikanlage ausgestattet wurde, hoffen wir, dass wir im nächsten Jahr endlich auch die Stromheizung durch eine Hackschnitzelheizanlage ersetzen können.“

Alle öffentlichen Gebäude in Zwentendorf werden mit Fernwärme aus der Müllverbrennungsanlage in Dürnrohr versorgt. In Michelhausen und Langenrohr wurden Biomasseheizwerke errichtet, deren Versorgungsgebiet laufend erweitert wird. Die Volksschulen, Rathäuser und Kindergärten der beiden Gemeinden sowie zahlreiche Privathäuser sind bereits an die Fernwärme angeschlossen. Alle neu entstehenden Gebäude im Nahbereich des Bahnhofs Tullnerfeld werden ebenfalls mit Fernwärme versorgt.

Bike & Ride. Apropos Bahnhof Tullnerfeld. Den möchte Figl mit Radschnellwegen aus allen drei KEM-Gemeinden sicher und komfortabel erreichbar machen. „Aus Langenrohr und Michelhausen ist der Bahnhof bereits recht gut angeschlossen“, meint Figl. „Von Zwentendorf aus kann man den Bahnhof mit dem Rad derzeit teilweise nur über Feldwege erreichen.“ Für E-Autos stehen am Bahnhof vier Ladestellen zur Verfügung, weitere sollen im Rahmen der Errichtung des neuen Parkdecks installiert werden. Strom tanken kann man übrigens auch vor jedem der drei Rathäuser.

Alle drei KEM-Gemeinden* haben je ein Elektrofahrzeug für ihre Bauhöfe angeschafft. Eines davon liefert auch Essen auf Rädern aus. Die Gemeinde Langenrohr wurde außerdem beim NÖ Mobilitätspreis „Bezirksmeister“. Mit 8,76 Prozent Elektroautos unter den Neuzulassungen 2018 zeigten sich die GemeindebürgerInnen beim Fahrzeugkauf  vergleichsweise zukunftsorientiert. Der Österreichschnitt lag bei lediglich zwei Prozent. Im Jänner und Februar 2020 plant Figl zwei weitere Informationsveranstaltungen zum Thema E-Carsharing.

Autarke Kläranlage. Auch der Photovoltaikausbau schreitet in der KEM Alternatives Zwentendorf-Tullnerfeld West voran. „Die Volksschulen und Bauhöfe in Langenrohr und Zwentendorf versorgen sich nun ebenso mit Sonnenstrom wie das Hallenbad in Zwentendorf. Auch das Abwasser wird in Zwentendorf mittels einer 10 kWp-PV-Anlage ökologisch gepumpt. Eine thermische Solaranlage versorgt die Sportanlage in Langenrohr ganzjährig mit Warmwasser“, konkretisiert Figl. „Die mit mehr als 93 kWp größte Photovoltaikanlage konnten wir in der Katastralgemeinde Pixendorf installieren. Damit und mit dem bereits vorhandenen Blockheizkraftwerk arbeitet die Kläranlage des Gemeindeabwasserverbands Südöstliches Tullnerfeld nun nahezu energieautark.“

Besonders liegt Franz Figl die Landwirtschaft am Herzen. Schließlich wuchs er selbst auf einem Bauernhof auf und betreibt neben seiner Tätigkeit als KEM-Manager eine kleine Landwirtschaft. Eine sehr spezielle, denn sein „Hobby“ ist die Wachtelzucht, das seiner Frau die Pferde. Heuer organisierte Figl zwei Informationsveranstaltungen in der KEM, die sich mit Energieeffizienz in der Außen- und Innenwirtschaft sowie der Lüftung im Stall beschäftigten. Energie vom Acker ist gerade im Tullnerfeld ein großes Thema. Denn in der KEM gibt es auch die Stärke- und Bioethanolanlage der AGRANA in Pischelsdorf.

Kesselexperte. Franz Figl besuchte die HTL St. Pölten in der Fachrichtung Maschinenbau und absolvierte später an der FH Wieselburg den Studiengang „Produkt- und Projektmanagement für nachwachsende Rohstoffe und alternative Energien“. Zehn Jahre lang beschäftigte er sich bei Bioenergy 2020+ mit der Entwicklung von Biomassekesseln und war danach bei ConPlusUltra in der Energieberatung für Industrie und Gewerbe tätig. Bis heute ist er auch Sportfunktionär bei einem Fußballverein – und zwar beim SV Viktoria Rust. Als solcher durfte er sich kürzlich über einen 9:4-Auswärtssieg gegen den SC Sitzenberg-Reidling freuen. Übrigens: Es handelt sich um Rust im Tullnerfeld – und auch der Nachbarort Neusiedl liegt nicht am See.

 

* Die KEM Alternatives Zwentendorf-Tullnerfeld West umfasst die Gemeinden Langenrohr, Michelhausen und Zwentendorf.