EEffG – Wie viel ist eine Kilowattstunde wert?

Das Energieeffizienzgesetz (EEffG) schreibt Energielieferanten vor, Energieeffizienzmaßnahmen zu setzen oder von Dritten einzukaufen. Auch Klima- und Energie-Modellregionen (KEM) können in ihren Projekten eingesparte Kilowattstunden an Energieversorger verkaufen. Doch derzeit scheint der Markt gesättigt, die Preise sind im Sinkflug.

Ziel des Energieeffizienzgesetzes (EEffG) ist es, bis zum Jahr 2020 die Energieeffizienz um 20 Prozent zu erhöhen und gleichzeitig die Versorgungssicherheit zu verbessern, den Anteil erneuerbarer Energien zu erhöhen und Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Es verpflichtet Energielieferanten, bis 2020 jährlich Energieeffizienzmaßnahmen im Umfang von 0,6 Prozent des Vorjahresabsatzes nachzuweisen. 40 Prozent dieser Maßnahmen sind im Haushaltsbereich zu erbringen.

KEMs und EEffG. Daraus ergeben sich auch für Klima- und Energie-Modellregionen Chancen, die allerdings durch mehrere Faktoren beschränkt sind. Einerseits werden  Einsparungen aus vom Klima- und Energiefonds geförderten Investitionsprojekten dem Klimafonds und nicht der KEM angerechnet. Andererseits lohnt sich der Aufwand nur, wenn die erzielten Einsparungen groß genug sind. Laut dem Ausschreibungsleitfaden „Klima- und Energie-Modellregionen 2015“ kann die KEM Tätigkeiten im Rahmen der KEM- Maßnahmenpakete prinzipiell für Einsparungen im Rahmen des EEffG nutzen, sofern darin keine Investitionen über 5.000 Euro inkludiert sind.

Welche Maßnahmen bei der Energieeffizienz-Monitoringstelle eingereicht werden können, listet diese in ihrem Methodendokument auf, das laufend überarbeitet wird. Maßnahmen, die darin noch nicht aufscheinen, können ebenfalls angerechnet werden, sind aber durch zertifizierte AuditorInnen „gutachterlich zu belegen“. Umgesetzte oder auch fix geplante Projekte können entweder direkt an einen Energieversorger verkauft oder auch über Online-Handelsplattformen angeboten werden.

Preisverfall. Die ursprüngliche Richtschnur für die Preisbildung lag bei 20 Cent pro Kilowattstunde (kWh). Diese haben Energielieferanten als Ausgleichszahlung zu leisten, falls sie ihren Verpflichtungen nicht nachkommen. Das heißt theoretisch, dass jede eingesparte Kilowattstunde, die weniger als 20 Cent kostet, für Energieversorger interessant ist. Die in der Praxis zu erzielenden Preise liegen wenige Tage vor dem 14. Februar – jenem Stichtag, an dem die Energiedienstleister erstmals ihre erzielten Einsparungen nachweisen müssen – jedoch weit darunter.

„Es ist unglaublich, wie viele Projekte bei heimischen Unternehmen umgesetzt worden sind“, freut sich denkstatt-Geschäftsführer Christian Plas. Die Kehrseite der Medaille: Die eingesparten Kilowattstunden verlieren rasant an Wert. „Im vergangenen Sommer lag der Preis für Maßnahmen im Haushalt noch bei 6 bis 7 Cent/kWh“, erklärt Gudrun Pelinka, Geschäftsführerin der Handelsplattform OneTwoEnergy. „Derzeit liegen die Angebote bei 3,5 bis 4 Cent. Ich schätze, 99 Prozent der Energielieferanten haben ihr Soll für heuer bereits erfüllt. Wer jetzt kauft, tut das meist, weil die Preise derzeit so niedrig sind und die Kilowattstunden auch in den nächsten Jahren noch angerechnet werden können.“

„Um 3,5 Cent könnte ich sofort verkaufen“, entgegnet Alexander Simader, Gründer und Eigentümer von energy changes. „Ich hätte 28 Projekte an der Hand, teilweise auch aus KEMs. Aber dieser Preis ist am Markt derzeit nicht zu erzielen, wenn der Verkäufer keine Geschäftsbeziehung zum Käufer, sprich Energieversorger, unterhält.“ Der Markt ist klein. Vor allem die Stromversorger haben bisher eingekauft. Die Mineralölindustrie will ihre Einsparungen durch die Beimengung von Dieseladditiven erzielen. Bis 2018 werden beim Kesseltausch auch noch Öl-Brennwertkessel als Effizienzmaßnahme anerkannt. Und natürlich holen sich Erdgaslieferanten ihre Einsparungen am liebsten auch durch die Förderung von Gas-Brennwertheizungen.

Strategische Partnerschaften. „Es bedarf derzeit sicher einigen Verhandlungsgeschicks, KEM-Projekte an Energieversorger zu verkaufen“, meint Plas. Helmut Burtscher, Leiter Gebäudetechnik und Energieservice bei illwerke vkw, – er war bis Ende 2015 auch KEM-Manager der Region Lech Warth – gelang dies, nicht zuletzt auch dank seiner damaligen Doppelfunktion. Als KEM-Manager koordinierte und organisierte er seit 2010 in Kooperation mit den Hoteliers und heimischen Handwerksbetrieben die Umrüstung auf  effiziente LED-Beleuchtung und Energiesparduschköpfe für Tourismusbetriebe seiner Region.

„Die KEM hat daran zwar nichts verdient, konnte aber ein Projekt umsetzen, das ohne finanzielle Unterstützung sicher nicht diese Breitenwirkung erzielt hätte“, beschreibt Burtscher seine Win-Win-Strategie. „Der Einkaufskooperationspartner konnte die Produkte zu sehr günstigen Preisen anbieten und hat dadurch auch neue Kunden außerhalb Vorarlbergs gewonnen. Die Hoteliers profitieren von den Einsparungen, mein Arbeitgeber von den erfüllten Verpflichtungen und beide auch durch einen gewissen Imagegewinn bei den jeweiligen Kunden.“ Inzwischen werden LEDs und Brause von zahlreichen Stromanbietern über die konzerneigenen Webshops verkauft. Werden sie im Haushaltsbereich installiert, kann sich der Energieversorger 31 kWh pro LED beziehungsweise 529 kWh pro Brause anrechnen lassen.

Preisorakel. Droht dem Handel mit Energieeffizienz das gleiche Schicksal wie dem Emissionshandel – dauerhaft niedrige Preise? Oder geht es wieder nach oben? „Ich fürchte, der Preis wird weiter in Richtung 1 Cent/kWh sinken“, gibt sich Alexander Simader pessimistisch. „Die Landesversorger holen sich ihre Kilowattstunden am liebsten bei den eigenen Kunden und manche Konzerne bestellen einfach einige Millionen LEDs vom Billigstbieter in China.“

Gudrun Pelinka rechnet dagegen eher wieder mit steigenden Preisen: „Zumindest die Mitnahmeeffekte aus 2014 fallen nächstes Jahr weg.“ Was könnte ihre These stützen? Der Zahn der Zeit. Je mehr LEDs in die Fassungen geschraubt und Duschköpfe installiert sind, umso mehr neue Ideen wird es bis 2020 brauchen. „Einige dieser Ideen könnten nicht nur aus KEMs, sondern auch von greenstart-Teilnehmern kommen“, meint Plas. Und natürlich hat der Gesetzgeber die Möglichkeit, allenfalls nachzubessern. Er könnte die Einsparziele erhöhen oder die Regeln für fossile Energie verschärfen.

Projekt-Ideen gefragt. Bei welcher Art von Projekten und Leitprojekten können KEM-ManagerInnen Energieeffizienzmaßnahmen in Cents umwandeln oder Energieversorger als Projektpartner  gewinnen? Öffentlich geförderte Projekte scheiden in der Regel aus. Bei der Planung einer Beratungsoffensive für einige Dutzend Haushalte könnte sich das EEffG für die KEM rechnen – bei einem einzelnen Vortrag sicher nicht. Neben Energieberatungen und Projekten wie Solaranlagen- oder Heizungschecks können auch frei finanzierte Sanierungsprojekte oder Maßnahmen im Bereich der Mobilität als Effizienzsteigerungsmaßnahme anerkannt werden.

Maßnahmen, die bei einkommensschwachen Haushalten gesetzt werden, sowie konkrete
Projekte mit Sozialeinrichtungen und Schuldenberatungsstellen werden mit dem Faktor 1,5 gewichtet und sind für Energielieferanten deshalb sowie aus Imagegründen besonders interessant. Als Ansprechpartner für gemeinsame Projekte kommen aber nicht nur die jeweiligen Stadtwerke oder Stromversorger in Frage, sondern auch alle anderen größeren Energielieferanten – mit einer Jahresliefermenge von über 25 Gigawattstunden. Das könnten auch Fernwärmeanbieter oder Pelletshersteller sein, theoretisch auch Tankstellenketten oder sogar Grillkohle-Händler.

Rechtzeitig Partner suchen. Helmut Burtschers Tipp für KEM-ManagerInnen lautet: „Redet schon im Vorfeld mit euren lokalen oder regionalen Energielieferanten. Prinzipiell freut es jeden regionalen Versorger, in seiner Region – also auch bei seinen Kunden – einen Beitrag zum Klimaschutz vorweisen zu können. Wenn er anbeißt, treibt er das Projekt vielleicht auch durch logistische Unterstützung oder Marketing voran. Wenn nicht, kann man immer noch andere mögliche Partner ansprechen.“ Wer zuerst ein Projekt umsetzt und dann die Einsparung verkauft, muss nehmen, was gezahlt wird – oder auf bessere Preise warten. Übertriebene Eile ist derzeit nicht angesagt. Doch 2020 ist es mit dem EEffG wieder vorbei – zumindest in der derzeitigen Form. Und der Zahn der Zeit nagt schnell.