Wo die grüne Mark besonders grün ist

01_schuller_portrait2.png

KEM-Manager im Portrait. Als KEM-Manager der Kleinregion Hartberg und Leiter des Referats Umwelt und Energie der Stadtgemeinde Hartberg kann Anton Schuller einiges vorweisen. Die Stadt agiert heute CO2-neutral und gewann eine Reihe von Auszeichnungen. Nach der grundlegenden Umstellung aller öffentlichen Gebäude auf CO2-neutrale Wärme legt Schuller sein Augenmerk auf die Mobilität, besonders aufs Radfahren. Und er tritt auch selbst gern in die Pedale.

Einen essenziellen Teil in Anton Schullers Arbeit bilden die Themen thermische Sanierung und Heizungsumstellung. Gerade erst hat er in einem Vortrag BürgerInnen der Region über neue Förderungen in diesem Bereich informiert. „Für viele Gebäudeeigentümer stellt sich die Frage, wodurch die alte Ölheizung ersetzt werden soll“, so Schuller. „Eine neue Ölheizung oder eine Luftwärmepumpe für ein unsaniertes Gebäude sind meiner Meinung nach der falsche Weg.“

CO2-neutral. Dass die Stadt selbst als Vorbild agiert, bekam sie in Form des ÖGUT-Umweltpreises 2015 bestätigt. Nun ist sie auch zum Energy Globe Steiermark nominiert. Denn Hartberg hat bereits erreicht, wovon viele andere Kommunen noch träumen: Die Stadtgemeinde bilanziert CO2-neutral. Dazu wurden zahlreiche kommunale Einrichtungen – Stadtwerke und Immobilien-Tochterunternehmen inklusive –  thermisch saniert, 90 Gebäude auf eine CO2-neutrale Wärme- und Stromversorgung umgerüstet, zwei Abfall/Abwasser-Biogas-Kraftwerke sowie Photovoltaikanlagen mit einer Spitzenleistung von 700 kWp errichtet. Und auch die BürgerInnen der Kleinregion Hartberg haben inzwischen rund 800 kWp Photovoltaik installiert.

Insgesamt denkt man in Hartberg und den umliegenden Gemeinden offenbar ein wenig „grüner“ als in vielen anderen Kommunen. So stimmten schon 1978 bei der Zwentendorf-Volksabstimmung 75 Prozent der HartbergerInnen mit Nein, während es steiermarkweit eine Mehrheit für die Atomkraft gab. 2009 wurde Hartberg in das internationale Netzwerk Città Slow aufgenommen, das sich für eine nachhaltige Stadtentwicklung, für Lebensqualität, Umwelt und Kultur einsetzt. In der Folge bewarb sich die Kleinregion Hartberg 2011 als Klima- und Energiemodellregion und baute ein Referat für Umwelt und Energie auf, als dessen Leiter Anton Schuller bestellt wurde.

Klimaschulenprojekte. „Zuletzt konnte nun auch noch die Tennishalle an das Biomasse-Fernwärmenetz angeschlossen und die Ölheizung entsorgt werden“, freut sich Schuller. Damit nicht genug, bauen SchülerInnen im Rahmen des laufenden Klimaschulenprojekts eine thermische Solaranlage für das Tennisvereinshaus. Auch für das kommende Klimaschulenprojekt hat sich Schuller einiges einfallen lassen. Diesmal steht die Mobilität, vor allem das Radfahren, im Mittelpunkt. Die teilnehmenden Schulen werden nicht nur einen Radtag veranstalten, sondern bekommen auch Besuch von örtlichen Radmechanikern. Diese werden den Kindern und Jugendlichen zeigen, wie man eine Kette schmiert, Schaltung und Bremsen einstellt und Reifen wechselt.

Die Klima- und Energie-Modellregion Kleinregion Hartberg beteiligte sich mit der Neuen Mittelschule Gerlitz auch am Energiesparprojekt Euronet 50/50. Vor allem durch die richtige Einstellung der Heizungsanlage und der Haustechnik, aber auch durch das Engagement der SchülerInnen konnten Strom- und Wärmeverbrauch drastisch gesenkt werden. Im Vergleich zur Periode 2011-13 erzielte die Schule im vorvergangenen Jahr eine Einsparung von 24,5 Prozent Wärme und 3 Prozent Strom. 2015 konnten diese Werte nochmals auf 25 beziehungsweise 10 Prozent verbessert werden.

Gashahn zu. Dass die Stadt Hartberg vor einem Jahr per Gemeinderatsbeschluss den Ausbau des Erdgasnetzes für Heizzwecke stoppte, sorgte für einiges Aufsehen. Der KEM-Newsletter berichtete. Doch scharfe Proteste seitens der Erdgas-Lobby blieben aus. Im Gegenteil, sagt Schuller: „Ich habe viele positive Rückmeldungen bekommen, auch von anderen Kommunen.“

„Nachdem unsere Gebäude nun CO2-neutral sind, widmen wir uns jetzt dem Fuhrpark der Stadt“, erklärt Schuller. Ein elektrischer Pritschenwagen rechne sich für die Stadt noch nicht. Die bereits angeschafften vier E-Bikes werden jedoch in den drei Schulen und der Stadthalle von Hartberg eifrig genutzt – ebenso wie HARTI, das Elektro-Carsharingauto. Dieses wird von GemeindemitarbeiterInnen und BürgerInnen verwendet und lieferte im Vorjahr versuchsweise auch Zeitungen aus.

Fahrrad im Fokus. Bereits zum vierten Mal findet heuer das Hartberger Anradeln, ein Familien-Radfest in Kooperation mit regionalen Vereinen und Fahrradhändlern und statt. „Wir legen den Schwerpunkt dabei auf das Alltagsradeln“, sagt Schuller. So wird heuer beispielsweise ein Quiz zu den Radwegen in der Region veranstaltet und wer möchte, kann das Einparken mit einem Fahrradanhänger üben. „Es ist uns auch gelungen, eine lokale Radlobby-Gruppe zu gründen, mit der wir gemeinsam inzwischen viele kleine Schritte umgesetzt haben“, so Schuller. „So haben wir 30 neue und speichenschonende Radbügel aufgestellt, einige Fahrverbote aufgehoben und Radwege errichtet.“

Im Vorjahr fand im Rahmen der europäischen Mobilitätswoche eine Verkehrsmittelvergleichsfahrt statt. Dazu erhielten die TeilnehmerInnen die Aufgabe, bestimmte Dinge an verschiedenen Orten in Hartberg einzukaufen, wobei je eine Person mit Citybus, Auto, Fahrrad sowie mit E-Bike und Anhänger unterwegs waren. Mit Abstand am schnellsten war der Radfahrer, gefolgt vom E-Bike mit Anhänger. Hilfreich für den Pedalritter war auch, dass er die Fußgängerzone durchqueren konnte. Diese wurde im Jahr 2012 für eine Ost-West-Querung geöffnet. Und nachdem sich nie jemand darüber beschwert habe, so Schuller, dürfen RadlerInnen die Fuzo seit heuer auch in Nord-Süd-Richtung befahren.

Dynamik von unten. „Es ist toll, in die Gemeinschaft der KEM-ManagerInnen integriert zu sein“, resümiert Schuller nach dreieinhalb Jahren Arbeit in der Klima- und Energie-Modellregion. „Ich hätte nicht gedacht, welche Dynamik da entsteht, wie viel sich in den KEMs von unten nach oben bewegt. Jeder probiert etwas aus, und wenn es gut läuft, kopieren andere das Projekt in ihren Regionen. Ich bin aber überzeugt, dass wir, wenn wir die Paris-Ziele erreichen wollen, auch eine Veränderung von oben brauchen, vor allem bei der Raumplanung, der Mobilität und der Steuergesetzgebung.“

„Anton Schuller ist einer der umtriebigsten und innovativsten Kollegen unter den KEM-ManagerInnen“, meint Ingmar Höbarth, Geschäftsführer des Klima- und Energiefonds. „Was er in der Region Hartberg auf die Beine gestellt hat, kann sich sehen lassen. Ob es die Mobilität ist, die Arbeit mit SchülerInnen oder die Wärmeversorgung, von Anton kommen jedes Jahr wieder neue Ideen, die auch uns in den anderen Klimamodellregionen wichtige Impulse liefern.“

Heimgekehrt. Aufgewachsen ist Anton Schuller in Löffelbach, das drei Kilometer von Hartberg entfernt liegt. Seine Studien- und Arbeitszeit absolvierte er in Graz, Wien, Deutschland und England. Nach sechs Jahren Elektronikentwicklung im Automobilbereich wollte er sich lieber mit Klimaschutz und Energie beschäftigen und wechselte zur ECO World Styria, bevor er seine heutige Stelle antrat und nach Hartberg übersiedelte. Seine Freizeit verbringt Schuller am liebsten mit seiner Frau und seinen vier Kindern, zwei Töchtern und zwei Söhnen im Alter von zwei bis zehn Jahren. Und auch die Haustiere – zehn Hühner, drei Schafe und fünf Hasen – sollen nicht zu kurz kommen.