Die Enkeltauglichkeit als Maßstab

Das Schulungs- und Vernetzungstreffen am 22. und 23. Mai 2014 in Hittisau, Vorarlberg, lieferte reichlich Inspiration für 50 KEM-ManagerInnen – durch die Vorstellung beispielhafter Projekte und im Rahmen einer Exkursion in die energiebewussten Gemeinden Langenegg und Krumbach.

Es ist heutzutage selbstverständlich, im Bauwesen auf höchste Standards in Sachen Energieeffizienz zu achten. Egal ob ein Kindergarten, ein Gemeindesaal oder ein Dorfladen gebaut wird, ein „enkeltaugliches“ Passivhaus sollte es mindestens werden. So jedenfalls lautet die Überzeugung der Bürgermeister von Langenegg, Georg Moosbrugger, und Krumbach, Arnold Hirschbühl. Und mit diesem ihrem Credo lösten die beiden Lokalpolitiker so manches ungläubige Schmunzeln und Seufzen bei den aufmerksam zuhörenden KEM-ManagerInnen aus. Denn was in Vorarlberg als ganz normal und einfach erscheint, darum müssen die meisten KEM-ManagerInnen aus den anderen Bundesländern bei fast jedem einzelnen Bauvorhaben kämpfen.

 

Nachhaltiges Bauen. Diese Selbstverständlichkeit energiebewusster Architektur hat in Vorarlberg lange Tradition, wie auch der Veranstaltungsort in Hittisau beweist, der 1989 nach den Plänen von Hermann Kaufmann errichtete Ritter-von-Bergmann-Saal. Passend dazu standen beim Schulungs- und Vernetzungstreffen der Klima- und Energie-Modellregionen nachhaltiges Bauen sowie das Programm Mustersanierung ganz oben auf der Themenliste. Gerhard Hofer (E7 Energie Markt Analyse), Renate Brandner-Weiß (Energieagentur der Regionen) und Wolfgang Schoberleitner (Energy Changes AT) brachten die lebhafte Auseinandersetzung mit dem Thema in Gang.

 

Up to date. Angelika Müller, Programm-Managerin des Klima- und Energiefonds, berichtete über Neuigkeiten im Rahmen der laufenden Ausschreibung sowie zu den Ergebnissen der Programme greenstart und Klimaschulen. Als Key-Note-Speaker brach Markus Faißt von der Holzwerkstatt in Hittisau eine Lanze für möglichst einfache Architekturkonzepte ohne Hightech-Schnickschnack.

 

Vorarlbergs Umweltlandesrat Erich Schwärzler übernahm am Freitag die einleitenden Worte und lauschte den anschließenden Vorträgen. Otmar Schlager von der Energieagentur der Regionen legte seine Überlegungen zur Gründung und zum Betrieb von KEM-Betrieben dar und Karl-Heinz Kaspar vom Energieinstitut Vorarlberg widmete sich dem Thema KEM-QM, dem neuen Qualitätsmanagement für Klima- und Energie-Modellregionen.

 

Ideenreichtum. Einen weiteren Schwerpunkt bildeten Best-Practice- und Leitprojekte, die von Vorarlberger KEM-ManagerInnen entwickelt und umgesetzt wurden. Monika Forster (Vorderwald) berichtete über ihr Pilotprojekt „Gut – Genug“ zum Thema Ernährung und Konsum sowie über den höchst erfolgreichen Solaranlagen-Check. Dass Gemeinden ihre Straßenbeleuchtung auch mit BürgerInnenbeteiligung finanzieren können, beweist das Projekt „helmut“ von Andrea Mayer (Klostertal). Albert Rinderer (Großes Walsertal) machte aus dem bewussten Umgang mit Energie einen sportlichen Wettbewerb, die Walser EnergieMeisterschaft. Helmut Burtscher (Lech Warth) erregte mit seinen Energiesparbrausen Aufsehen. Und Andreas Bertel (Blumenegg) kurbelt mit dem Projekt „I koof im Dorf“ gleichermaßen die lokale Wirtschaft wie die sanfte Mobilität an.

 

Exkursion in Vorzeigedörfer. In Langenegg, jenem kleinen Ort, der 2009 als europaweit erfolgreichste Gemeinde im e5-Programm für energieeffiziente Gemeinden ausgezeichnet wurde, wäre es vor einigen Jahren mit der Nahversorgung beinahe vorbei gewesen, als der letzte Laden im Dorf schloss. Doch die Gemeinde stellte sich auf die Füße, errichtete und verpachtete 2008 ein repräsentatives Passivhaus für einen neuen Dorfladen und führte mit den „Langenegger Talenten“ eine eigene Währung ein, um die Betriebe im Ort zu stärken. „Der neue Dorfladen macht heute den dreifachen Umsatz im Vergleich zum alten“, freut sich Bürgermeister Moosbrugger. Und er kann mit Fug und Recht behaupten: „Wir haben unsere Hausaufgaben in den Bereichen Energie und Klimaschutz erledigt. Nun kann ich mich mit ganzer Kraft den sozialen Themen im Ort widmen.“

 

Auch Krumbach legt großen Wert auf nachhaltiges Bauen, wie der sogenannte Pfarrsaal zeigt, dessen Veranstaltungsraum vor allem von der Gemeinde genutzt wird – so auch für den Vortrag von Architektin Sabine Erber über das Servicepaket „Nachhaltig Bauen in der Gemeinde“ des Energieinstituts Vorarlberg. Außerdem beherbergt das neue Passivhaus einen Musik-Proberaum im Keller sowie eine Bibliothek im Dachgeschoß. Neben der Landbus-Haltestelle entsteht gerade ein mehrgeschoßiger Passivhaus-Wohnbau. 

 

Dankeschön. „Das Schulungs- und Vernetzungstreffen der Klima- und Energie-Modellregionen brachte eine ganze Reihe höchst interessanter Einblicke und jede Menge Inspiration für neue Projekte, die sich auch im Osten Österreichs umsetzen lassen“, resümiert Angelika Müller. „Mein besonderer Dank gilt unseren Vorarlberger Gastgeberinnen und Gastgebern sowie dem Organisationsteam rund um Alexander Simader, Andrea Trumler-Berneck und Claudia Leichtfried.“