Ein elektrisierendes Fahrschulprojekt

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Im Auftrag des Klima- und Energiefonds untersuchte die Österreichische Energieagentur den Einsatz von Elektroautos bei der Führerscheinausbildung.
„E-Mobility in der Fahrschule“, so der Titel des Pilotprojekts, brachte ermutigende Ergebnisse: Die FahrschülerInnen zeigten sich überwiegend vom lautlosen Dahingleiten begeistert, die Hälfte der Pilotprojekt-Fahrschulen möchte Elektroautos sofort in ihr Ausbildungsprogramm integrieren, ein knappes Drittel will e-mobile Fahrstunden bei steigender Nachfrage anbieten.

 

Selbst ausprobieren ist weit überzeugender als Moralpredigten zum Umstieg auf Elektrofahrzeuge, weiß Robin Krutak von der Österreichischen Energieagentur. Also wäre es zielführend, schon einmal ein Elektroauto gelenkt zu haben, bevor man sich zum Ankauf eines eigenen Autos entschließt. Und die Fahrschulen könnten beim Technologiewechsel im motorisierten Individualverkehr eine entscheidende Rolle spielen, denn über 80.000 FahrschülerInnen jährlich sind eine wichtige Zielgruppe und rund 400 österreichische Fahrschulen wären geeignete Multiplikatoren für die Elektromobilität. „Dank der Unterstützung des Klima- und Energiefonds konnten wir ein Jahr lang gemeinsam mit engagierten Fahrschulen wissenschaftliche Pionierarbeit leisten, deren Ergebnisse nun vorliegen“, freut sich Krutak.

Schaltknüppel im Sack. 15 Fahrschulen in fünf Bundesländern beteiligten sich am Projekt. Ein Viertel der Fahrschulen schaffte im Zuge des Projekts ihr erstes Elektroauto an, die anderen waren bereits als E-Mobilitätspioniere aktiv. Zum Einsatz kamen nahezu alle am Markt verfügbaren Elektro-Pkw-Marken. Da es sich bei Elektroautos um Automatikfahrzeuge handelt, besteht allerdings eine gewisse Barriere für deren Einsatz in Fahrschulen. Denn FahrschülerInnen, die ihre Fahrprüfung auf einem Elektroauto absolvieren, erhalten einen Führerschein, der sie nur zum Lenken von Automatikfahrzeugen berechtigt. Diese Einschränkung ist bei den meisten FahrschülerInnen jedoch nicht sehr populär.

Daher entwickelte die Österreichische Energieagentur gemeinsam mit engagierten Fahrschulen sowie dem Fachverband der Fahrschulen und des Allgemeinen Verkehrs ein neues Ausbildungskonzept: Die ersten Fahrstunden finden mit dem Elektroauto statt, danach wird auf konventionelle Fahrzeuge umgestiegen, um auch den gewöhnungsbedürftigen Umgang mit Kupplung und Schaltknüppel zu erlernen. 113 FahrschülerInnen wurden zwischen April 2015 und Februar 2016 nach dieser Methode ausgebildet. Dabei zeigte sich, dass sich die Anzahl der benötigten Fahrstunden bei jenen, die ihre Führerscheinprüfung auf Anhieb bestehen, nicht verlängert. Jene FahrschülerInnen, die beim ersten Antreten nicht bestanden haben, brauchten im Schnitt 2,5 Stunden mehr praktische Ausbildungszeit als die Vergleichsgruppe, die ausschließlich auf Benzin- und Dieselfahrzeugen mit Schaltgetriebe übte.

Zuerst elektrisch. Die neu entwickelte Ausbildungsmethode hat gegenüber der konventionellen auch einige didaktische Vorteile, ist Niko Skarabela überzeugt. Der Juniorchef einer Fahrschule in Großenzersdorf setzt bereits seit vier Jahren Elektroautos in der Führerscheinausbildung ein – und war damit der Erste in Österreich. „Im Automatikfahrzeug können sich die Neulinge am Steuer zunächst einmal mehr auf den Verkehr und Verkehrszeichen konzentrieren statt auf richtiges Kuppeln und Schalten. Der Lernfortschritt fällt dadurch in den ersten Fahrstunden größer aus und das fördert auch die Motivation der FahrschülerInnen“, sagt Skarabela.

Als erste Fahrschule mit österreichischem Umweltzeichen hat die Fahrschule Skarabela inzwischen alle Zweitakt-Mopeds durch elektrische Modelle ersetzt und sogar ein Elektromotorrad im Ausbildungsprogramm. Skarabela: „Es gibt viele Vorurteile zur Elektromobilität, aber nach der Ausbildung können sich die meisten FahrschülerInnen vorstellen, sich ein Elektrofahrzeug zuzulegen. Ich habe auch schon einige unserer ehemaligen SchülerInnen mit ihrem Elektromoped bei unserer öffentlich zugänglichen Ladestation getroffen.“

Vorurteile ausräumen. Wichtig, so die Ergebnisse des Pilotprojekts, sei auch die Integration der E-Mobilität in den Theorieunterricht. Die Vorzüge und Besonderheiten von E-Fahrzeugen in Sachen Lärm, Umweltweltschutz, Komfort, Kosten und steuerliche Absetzbarkeit sollten breiter bekannt gemacht werden. „Dazu brauchen wir allerdings eine gute Mitarbeiterfortbildung“, meint Skarabela und hält es für wichtig, auch die Eltern der meist jungen FahrschülerInnen mit einzubinden. „Schließlich ist der Gebrauchtwagenmarkt für Elektroautos noch sehr klein und einen Neuwagen können sich Mama oder Papa eher leisten.“ Eine Möglichkeit, die Eltern zu erreichen, bietet die Begleiterschulung, die jenen Menschen abverlangt wird, die mit ihren Schützlingen Übungsfahrten mit Privat-Pkw und „blauem L-Taferl“ unternehmen wollen. Zwei Drittel aller FahrschülerInnen nutzen dieses sogenannte duale Ausbildungssystem.

„Derzeit wird in Brüssel an einer Überarbeitung der Europäischen Führerscheinrichtlinie gearbeitet und wir hoffen, mit dem Pilotprojekt eine Diskussionsgrundlage zur Einbeziehung der Elektromobilität in den Fahrschulunterricht geschaffen zu haben“, regt Krutak an, gesetzliche Hürden für die Ausbildung am E-Fahrzeug zu beseitigen. Wie dies aussehen könnte, skizziert Fahrlehrer Skarabela: „Im Schnitt dauert das Erlernen des richtigen Kuppelns und Schaltens sechs Stunden. Das könnte man – so wie heute schon den Führerschein für Motorräder bis 125 ccm – durchaus auch in einer Nachschulung und ohne Prüfungsangst erlernen.“