Die Energiewende – vom Hobby zum Beruf

KEM-Manager im Portrait. Sein Heimattal ist eng, doch sein Horizont weit. Albert Rinderer, KEM-Manager im Biosphärenpark Großes Walsertal, beschäftigt sich seit Mitte der 1980er-Jahre intensiv mit erneuerbaren Energien. Seine jahrzehntelange Aufbauarbeit trägt nun Früchte. Dass das Große Walsertal im Vorjahr erstmals mehr Strom aus Kleinwasserkraft und Photovoltaik erzeugte als verbrauchte, ist nur einer seiner Erfolge.

Fragt man Albert Rinderer nach seinem Hobby, antwortet er, dass er dieses zu seinem Beruf gemacht habe. Seit 2009 managt der gelernte Elektroingenieur die Klima- und Energie-Modellregion (KEM) Biosphärenpark Großes Walsertal. Doch das war nicht der Anfang, sondern die konsequente Fortsetzung seines Weges, den er nach der Tschernobyl-Katastrophe 1986 beim Bau seines Privathauses mit Begeisterung für die Solarenergie begann.

Seit 2001 leitet Rinderer das regionale e5-Energieteam. In diesem Programm für energieeffiziente Gemeinden und Regionen hat sich das Große Walsertal in den vergangenen Jahren bereits vier von fünf „e“ und damit den European Energy Award® in Silber erobert. Nun sind Rinderer und sein Team auf Goldkurs – das Ergebnis wird Anfang Dezember bekanntgegeben.

Seit 2009 sind die sechs Vorarlberger Gemeinden Blons, Fontanella, Raggal, St.Gerold, Sonntag und Thüringerberg Klima- und Energie-Modellregion (KEM). „Die zusätzlichen Ressourcen, die wir als KEM vom Klima- und Energiefonds erhalten, helfen uns, unsere Bemühungen, bis 2030 energieautonom zu werden, noch intensiver voranzutreiben“, erklärt Rinderer. „Die Programme ergänzen sich gut und der Erfahrungsaustausch mit den Kolleginnen und Kollegen der anderen Modellregionen ist meiner Arbeit ebenfalls förderlich.“

Idealismus und Know-how. „Albert Rinderer ist ein Vorreiter im Bereich der erneuerbaren Energien und seiner Zeit voraus“, attestiert Monika Forster, KEM-Managerin im Vorderwald, ihrem Kollegen. „Er ist immer sehr an neuen technischen Entwicklungen interessiert, absolut zuverlässig und geht mit viel Idealismus ans Werk.“ Sein Idealismus lässt sich auch daran bemessen, dass Rinderer mit über 50 einen sicheren Job bei der Telekom aufgab und sich karenzieren ließ, um sich voll und ganz den Themen Energie und Klimaschutz widmen zu können.

Seine Energieberatung wird nicht nur von Privatleuten gerne angenommen, auch die Bürgermeister nehmen seinen Rat ernst. So werden nun alle öffentlichen Gebäude im Großen Walsertal mit Ökostrom versorgt und Rinderer kümmert sich um deren Energiebuchhaltung. Auch das Bürgerbeiteiligungskraftwerk am Dach der Volksschule Thüringerberg, das nun seit 12 Jahren Sonnenstrom liefert, geht auf Rinderers Initiative zurück. Zwei Beherbergungsbetrieben und allen Schulen im Tal wurde inzwischen das Österreichische Umweltzeichen verliehen.

E-Car-Sharing. Bereits vor vier Jahren initiierte Rinderer ein E-Car-Sharing mit drei Elektroautos. Nun soll der Fuhrpark verdoppelt werden und in jeder der sechs KEM-Gemeinden ein Elektroflitzer zur gemeinschaftlichen Nutzung zur Verfügung stehen. „Ein Elektroauto haben wir auch zur Bildung von Fahrgemeinschaften zur Verfügung gestellt“, erklärt Rinderer. Tatsächlich sind dadurch drei neue Fahrgemeinschaften entstanden. Das klingt nicht nach viel, ist es aber. Denn im 192 Quadratkilometer umfassenden Großen Walsertal leben nur 3.400 Menschen, von denen ein Drittel zur Arbeit pendelt. Doch mit dem öffentlichen Verkehr ist hier ab 19 Uhr Schluss.

Dafür fährt im Großen Walsertal, das im Jahr 2000 von der UNESCO als Biosphärenpark anerkannt wurde, der Alp- und Wanderbus TouristInnen und Einheimische zu hoch gelegenen Ausflugszielen, die für den Privatverkehr gesperrt sind. Jeder Tag eine andere Alm, außer die Anmeldungen bleiben wegen Schlechtwetters aus. Der sanfte Tourismus gehört zu den wichtigsten Einnahmequellen im Tal. 230 Kilometer markierte Wanderwege führen in nahezu unberührte Gebiete und auf 40 Gipfel.