Der Mondsee als Heizung?

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Eigentlich war nur ein Vortrag des Schweizer Wasserexperten Alfred Johny Wüest geplant. Nun könnte daraus eines der spannendsten Energieprojekte Österreichs werden. Mit Energie aus dem Mondsee ließen sich alle Anrainergemeinden mit Wärme und Kälte versorgen, meint Wüest. Das lässt sich Stefanie Mayrhauser, KEM-Managerin des Mondseelands, nicht zweimal sagen. Sie stellt nun ein Projektteam zusammen und möchte eine Machbarkeitsstudie auf den Weg bringen.

Auf Einladung des Vereins Energievision Attergau-Mondseeland und der Grünen sprach der Schweizer Wasserexperte Alfred Johny Wüest über das Heizen und Kühlen mit Seen und Flüssen. Der Professor an der Eidgenössischen Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung & Gewässerschutz (Eawag) rechnete vor, dass man mit dem Mondsee Energie für 10.000 Menschen gewinnen könnte. Der See würde dabei lediglich um 0,03°C abkühlen und weder chemisch noch biologisch beeinträchtigt. Da hat es bei einigen im Publikum „klick“ gemacht.

Energievision. „Diese Chance sollten wir unbedingt nützen“, erklärt Stefanie Mayrhauser, Managerin der Klima- und Energiemodellregion Mondseeland. Denn die gesamte Region zählt gerade einmal 15.000 EinwohnerInnen. Der Mondsee speichert mehr Energie, als alle Gebäude rundherum benötigen – und dann gibt es ja auch noch den etwas weiter nördlich gelegenen Irrsee. Seewärme könnte also zu einer Schlüsseltechnologie für die Energiewende im Mondseeland werden. Mayrhauser möchte als ersten Schritt eine Machbarkeitsstudie in Auftrag geben.

Aktuell ist sie dabei, Verbündete und ProjektpartnerInnen um sich zu scharen. So gilt es die Umweltausschuss-Obleute der Gemeinden, die Seebesitzerin und nicht zuletzt den Fernwärme-Betreiber in Mondsee mit an Bord zu holen. Schließlich, so Richard Niederreiter, Obmann des Vereins Energievision, sei es relativ einfach, Energie mit einer Wärmepumpe aus dem See zu holen, ihre Verteilung stelle jedoch eine Herausforderung dar. Allererste Vorgespräche mit Energieexperten haben bereits stattgefunden.

Vorbilder am Wolfgangsee. Während am Wörthersee manche Hotels ihre Seebäder heizen, bezieht das Weiße Rössl am Wolfgangsee seit 36 Jahren den Großteil der benötigten Wärme und Kälte aus dem See. Das viel besungene Beherbergungsunternehmen spart damit Emissionen, aber auch Kosten. „Hotels mit Wellnessbereich geben normalerweise fünf Prozent des Nettoumsatzes für Energie aus. Bei uns sind es nur drei Prozent“, wird Hotelier Helmut Peter in den Salzburger Nachrichten zitiert. Auch das Hotel Scalaria nutzt die Energie aus dem See.

Vorreiter Zürich. In der Schweiz haben die Energiekonzerne ewz (Zürich) sowie ewl (Luzern) das Thema für sich entdeckt. Mehrere kleine Wärmepumpen und drei große Energieverbunde zapfen den Zürichsee an. Die Wärme und Kälte wird teilweise an prominente Kundschaft geliefert, darunter das Kongresshaus Zürich, die Kirche Fraumünster, das Verlagsgebäude der NZZ, das Hotel Park Hyatt und das Hochhaus zur Palme. Zusammen erzielen die Energieverbunde eine jährliche CO2-Einsparung von rund 1.850 Tonnen, das entspricht 700.000 Litern Erdöl.

Die ewl hat vor, 5.000 Haushalte mit Energie aus dem Vierwaldstättersee zu versorgen und hat dazu die ökologischen Auswirkungen von der Eawag untersuchen lassen. Die Studie fiel positiv aus. Selbst wenige Meter rund um die Rückführung des gekühlten oder erwärmten Wassers sei mit Temperaturveränderungen von lediglich 0,1°C zu rechnen. Eine maßvolle Nutzung von Seewärme sei für das Ökosystem unbedenklich, so Professor Wüest. Da die theoretisch nutzbare Wärmemenge des Vierwaldstättersees gewaltige 2.900 Gigawattstunden beträgt, ganz Luzern und Umgebung aber „nur“ 900 Gigawattstunden verbrauchen, schließt ewl eine Übernutzung des Sees aus.

Segel setzen. Der einzige Nachteil der Seewärme: Fernwärme ist immer mit hohen Investitionskosten verbunden. Dass in Mondsee bereits ein Fernwärmenetz existiert, könnte helfen, die Kosten entscheidend zu reduzieren. Die Vision ist da, die Technik auch. Bleibt abzuwarten, ob alle für das Zustandekommen des Projekts entscheidenden Player an einem Strang ziehen. Stefanie Mayrhauser möchte sie an einen Tisch holen und für das zukunftsträchtige Vorhaben begeistern. Die KEM-Newsletter-Redaktion hält ihr die Daumen und wird den Projektfortschritt verfolgen.