Steter Tropfen höhlt den Stein

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KEM-Manager im Porträt. Die Energieeffizienz steht bei ihm ganz oben auf der Agenda. Nach gut 30 Jahren praktischer Erfahrung in der Energieberatung spürt Richard Romirer-Maierhofer seit zwei Jahren vergeudete Kilowattstunden in der KEM Energieregion Joglland West auf und präsentiert Alternativen.

Auch im Joglland lässt der Klimawandel grüßen. Obwohl die Region für niederschlagsreiche Winter bekannt ist, gab es heuer kaum Schnee oder Regen. „Die Frühlingstemperaturen setzten drei Wochen früher ein als sonst, doch die Vegetation hinkt wegen der Trockenheit drei Wochen hinterher“, macht sich Richard Romirer-Maierhofer Sorgen.
„Die Herausforderung besteht darin, die Notwendigkeit von Klimaschutzmaßnahmen laufend zu vermitteln und die Menschen immer wieder zu motivieren, Maßnahmen in ihrem eigenen Wirkungskreis umzusetzen“, beschreibt er seine Tätigkeit als KEM-Manager. Anlässlich der Coronakrise versandte Romirer-Maierhofer an alle Unternehmen der Region Energiespartipps in Zeiten von Betriebsstillstand oder Teilbetrieb. Denn während es im Haushalt beim Thema Standby um wenige Watt geht, können ungenützt weiterlaufende Kompressoren, Produktionsmaschinen, Klimaanlagen, Warmwasserboiler oder Büromaschinen beträchtliche Kosten verursachen.

Straßenbeleuchtung. Bei den BürgermeisterInnen und den GemeinderätInnen stößt Romirer-Maierhofer durchaus auf offene Ohren. Schon 2017 formierten sich die sechs KEM-Gemeinden* zu einer Ökostrom-Einkaufsgemeinschaft und nahmen ihre Straßenbeleuchtungen unter die Lupe. Inzwischen sind so gut wie alle Leuchten auf LED umgerüstet und sorgen für eine Stromkostenersparnis von durchschnittlich 70 Prozent. In manchen Bereichen fällt die Einsparung nur halb so hoch aus – dafür gibt es dort nun besseres Licht entsprechend den einschlägigen Normen. „In einigen Gemeinden sollten wir noch die Dämmerungsschaltung nachjustieren, da sich die Leuchten dort zu früh einschalten“, meint Romirer-Maierhofer.

Das Thema Straßenbeleuchtung kann der KEM-Manager langsam abhaken, in einem nächsten Schritt möchte er sich der Effizienzsteigerung bei Fassadenbeleuchtungen widmen. Das Gemeindeamt Strallegg wurde in den vergangenen zwei Jahren thermisch saniert. Nun soll der Bauhof Strallegg, der bislang mit Öl und Strom beheizt wurde, in Angriff genommen und an die Fernwärme angeschlossen werden. Die Marktgemeinde Birkfeld plant in den nächsten Jahren thermische Sanierungsmaßnahmen für die Volksschule und die Peter Rosegger-Halle.

Bewusstseinsbildung. Romirer-Maierhofer organisiert jährlich eine Pelletseinkaufsaktion mit einem nahe gelegenen Sägewerk und bietet Unterstützung bei der Einreichung von Photovoltaik-Anlagen. Ob bei der Eröffnung des Radwegs von Anger nach Kogelhof, beim Joglland Kraftspendekirtag, beim Ägydimarkt in Fischbach oder bei den Grünlandtagen beim Lagerhaus in Birkfeld – Romirer-Maierhofer lässt keine Gelegenheit aus, seinen KEM-Stand aufzubauen und die Menschen mit klimarelevanten Informationen zu versorgen.

Viel Gelegenheit für tiefergehende Gespräche bot auch der erste Energie-Wandertag der Energieregion Joglland West im Oktober 2019 mit knapp 50 TeilnehmerInnen. Auf dem Besichtigungsprogramm standen das Kleinwasserkraftwerk Edelsee der Energie Steiermark, das Sonnenhaus Schirnhofer, das zu 90 Prozent von der Sonne mit Wärme und Warmwasser versorgt wird, sowie die Hackgutheizanlage einer Bäckerei. Die für den heurigen April geplante Energiewanderung samt E-Auto-Probefahren musste verschoben werden.

Im kommenden Schuljahr 2020/21 steht die theoretische und praktische Förderung des Umwelt- und Energiebewusstseins von SchülerInnen auf der Agenda. Auf dem Schulgelände des BORG in Birkfeld wird in einer Kooperation mit der Gemeinde und der Polytechnischen Schule Birkfeld sowie mit der regionalen Wirtschaft eine überdachte E-Bike-Ladestation samt 5 kWp-Photovoltaikanlage errichtet. SchülerInnen aller Fachbereiche (Elektro, KFZ, Metall, Holz, Bau, Handel/Büro, Tourismus) werden mit Hirn und Händen kräftig mitarbeiten – und vielleicht auch Lust an erneuerbarer Energie und am Handwerk entwickeln.

Letzte Meile. Seit Jänner gibt es in der gesamten KEM eine Ergänzung zum öffentlichen Verkehr. SAM nennt sich das neue Anrufsammeltaxi-System der ISTmobil GmbH für mehr als 60 Gemeinden in der Oststeiermark. SAM fährt auf Vorbestellung zahlreiche Haltepunkt an und holt mobilitätseingeschränkte Menschen auch von daheim ab. Mit der Passagieranzahl sinken die Fahrpreise. Romirer-Maierhofer rührte selbstverständlich kräftig die Werbetrommel für SAM, unter anderem mit Bürgerversammlungen in den KEM-Gemeinden Ratten, Strallegg und Birkfeld.

„Anfang Mai war der Startschuss für die Einführung der Energiebuchhaltung in allen KEM-Gemeinden geplant, das muss nun noch ein wenig warten“, so Romirer-Maierhofer. Auch zwei Informationsabende für Landwirte – es geht um Milchkühlung, Stalllüftung und Treibstoffverbrauch – können erst nach dem Ende der Ausgangsbeschränkungen stattfinden. Ebenso eine Veranstaltung zur Energieeffizienz auf betrieblicher Ebene.

Taschen pflücken. Eine besondere Spielart im Kampf gegen Plastikmüll ließ sich Sabine Dampfhofer-Bach, Inhaberin des ADEG-Kaufhauses in Ratten einfallen – den Tragetaschenbaum. An der von der örtlichen Tageswerkstätte der Lebenshilfe gefertigten Holzkonstruktion hängen nun Stofftaschen, die von Kindergartenkindern bedruckt wurden. Wer keine eigene Einkaufstasche dabei hat, darf sich eine pflücken, um sie bei nächster Gelegenheit wieder an den Baum zu hängen. Nun möchte Romirer-Maierhofer auch andere Kaufleute aus der KEM einladen, diesem Beispiel zu folgen.

Richard Romirer-Maierhofer ist gelernter Elektriker und Elektronikwerkmeister, zertifizierter European Energy Manager, Unternehmensberater für Energie und Organisation sowie Energieberater der Wirtschaftsinitiative Nachhaltigkeit des Landes Steiermark und seit Juni 2018 KEM-Manager in der Energieregion Joglland West. Neben der Energieeffizienz zählt das „Waldbaden“  zu seinen Leidenschaft, am Liebsten mit Stöcken – vulgo Nordic Walking – oder mit Golfschlägern auf der Suche nach dem Ball. Größere Distanzen legt er mit seinem Elektroauto zurück.

 

*Die KEM Joglland West umfasst die Gemeinden Birkfeld, Miesenbach bei Birkfeld, Ratten, Rettenegg, St. Kathrein am Hauenstein und Strallegg.