Die Klimaschutz-Community zum Wachsen bringen

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KEM-Manager im Porträt. Mit Photovoltaikanlagen, Stromspeichern und einer Energiegemeinschaft stellt Andreas Schneemann die KEM Thermenregion Stegersbach auf nachhaltige Beine. Als Unternehmer errichtete er in Stegersbach das Kompetenz­zentrum für digitale erneuerbare Energiesysteme „solar.one“.

Am 9. Februar ging die Energiegemeinschaft Stegersbach in Betrieb. Diese regionale Erneuerbare-Energiegemeinschaft (EEG) erstreckt sich über das Gemeindegebiet der KEM-Gemeinden*: Bocksdorf, Burgauberg-Neudauberg, Olbendorf, Ollersdorf und Stegersbach. „Dazu haben wir bereits im Jänner 2021 einen Verein gegründet. Nun sind wir dabei, den Verein in eine Genossenschaft als Trägerorganisation überzuführen“, berichtet Andreas Schneemann.

Aktive Bürger:innen. Aktuell beliefern Photovoltaikanlagen die EEG. Nun sehnt der KEM-Manager den Oktober herbei, denn dann soll die Erfordernis der Zuordnung von Verbraucher:innen zu Erzeugungsanlagen nicht mehr erforderlich sein. Er hat bereits 200 Interessent:innen auf der Warteliste, die ebenfalls Ökostrom aus der Region beziehen – und teilweise einspeisen – wollen. In Summe soll dann Sonnenstrom aus Photovoltaikanlagen mit insgesamt 600 bis 700 kWp regional gehandelt werden. Zusätzlich möchte Schneemann eine Biogasanlage mit an Bord holen.

Das große Interesse an der EEG erklärt sich Schneemann durch die zahlreichen Bürgerbeteiligungsprojekte, die er seit 2016 umsetzt. Damit wurden zuerst Photovoltaikanlagen auf gemeindeeigenen Gebäuden finanziert, danach folgten auch Sonnenkraftwerke auf privaten Dächern. „Aus diesen Projekten ist eine Community entstanden, die gerne unsere KEM-Veranstaltungen besucht, an weiteren Schritten für den Klimaschutz interessiert ist und sich nun auch an der EEG beteiligt“, so Schneemann.

Absicherung kritischer Infrastruktur. Erfolge erbrachte auch die Speicheroffensive der Klima- und Energie-Modellregion. In Stegersbach wurden drei Speicher errichtet – mehrere private, einer in einem Unternehmen und einer beim Wasserwerk. Letzterer dient nicht nur der Eigenbedarfsoptimierung, sondern auch der Absicherung der Kommunikationsinfrastruktur. Er wird aktuell von einer 20-kWp-Freiflächen-PV-Anlage gespeist, die demnächst erweitert werden soll. Auch die Leichenhalle in Ollersdorf erhielt eine PV-Anlage und einen Speicher, die die benachbarte Kirche versorgen.

Ein ganz besonderer Speicher wurde 2019 im Gemeindeamt Ollersdorf, das auch die Feuerwehr und eine Arztpraxis beherbergt, errichtet. Es handelt sich dabei um einen 30-kWh-Salzwasserspeicher, der von einer PV-Dachanlage mit 26,75 kWp geladen wird. Auch dieser Speicher optimiert nicht nur den Eigenbedarf, sondern gewährleistet, dass bei einem Stromausfall weder Gemeindeamt noch Feuerwehr lahmgelegt werden. „Dieser Speicher ist zwar größer und schwerer als herkömmliche Lithium-Ionen-Batterien, benötigt dafür aber keinen Tiefentladeschutz und ist weitaus ökologischer“, beschreibt Schneemann die Technologie.

 

Wachsende Ladeinfrastruktur. Die Begeisterung der Bevölkerung für die E-Mobilität hält sich bislang allerdings in Grenzen, bedauert Schneemann. Zwar waren die drei bisherigen „Tage der E-Mobilität“ gut besucht, doch die Kosten für E-Autos erscheinen den meisten Bürger:innen noch zu hoch. Immerhin wurde in Stegersbach ein E-Bike-Verleih mit 20 Zweirädern eingerichtet und die Gemeinden Olbendorf und Ollersdorf haben elektrische Lastenmopeds für kleinere Transporte angeschafft. Das Netz an Ladestationen – derzeit elf Stück mit 16 Ladepunkten – soll weiter ausgebaut werden.

Heuer entwickelt Schneemann ein Konzept für einen von Freiwilligen betriebenen Fahrtendienst mit einem Elektroauto, der Anfang 2023 in Bocksdorf starten und bei entsprechender Nachfrage auf weitere Gemeinden ausgedehnt werden soll. Was ihm schmerzlich fehlt, sind Schienen in seiner KEM: „Vor mehr als zehn Jahren wurde der Personenverkehr auf der Bahnstrecke nach Oberwart eingestellt, was ich für ein schweres Defizit halte.“

Biomüll als Wertstoff. Seit 2018 arbeitet Schneemann in Kooperation mit den Gemeinden, dem Burgenländischen Müllverband und dem Umweltdienst Burgenland am Ausbau und der Qualitätssteigerung der biogenen Abfallsammlung und -verwertung. Begonnen haben damit die Gemeinden Olbendorf, Ollersdorf, Litzelsdorf und Rauchwart – nun sollen weitere folgen. Unter anderem wird der Baumschnitt nun getrennt gesammelt und in Rechnitz in einer Biomasse-Fernwärmeanlage verwertet.

In Planung ist ein Projekt für die Kindergärten der KEM Thermenregion Stegersbach, das sich am Klimabündnis-Aktionsheft Klimazwerge orientieren wird. Laufend beschäftigt Schneemann die Umrüstung der Straßenbeleuchtung und der Gemeindegebäude auf LED-Technologie. „In Stegersbach und Litzelsdorf konnten wir die Straßenbeleuchtung bereits vollständig umstellen, in den anderen Gemeinden haben wir in den nächsten Jahren noch einiges zu tun“, sagt Schneemann.

Geballte Kompetenz. Der gebürtige Bocksdorfer absolvierte die HTBL Pinkafeld im Fachbereich Steuerungs- und Regelungstechnik, ist zertifizierter Photovoltaik-Planer, diplomierter Energie Autarkie Coach sowie Energie- und CO2-Manager. Neben seiner Tätigkeit als KEM-Manager betreibt er das Ingenieurbüro Energie-Kompass GmbH und errichtete 2019 in Stegersbach ein Kompetenz­zentrum für digitale erneuerbare Energiesysteme namens solar.one. Dieses dient nun auch als Sitz der Klima- und Energie-Modellregion und als Veranstaltungsort für zahlreiche KEM-Events.

Seine Freizeit verbringt Schneemann am liebsten mit seiner Familie. Er hat einen 16-jährigen Sohn und eine 21-jährige Tochter und wurde vor kurzem Opa. Auch die drei Katzen halten ihn auf Trab. Für Hobbys bleibt ihm kaum Zeit. Hin und wieder besucht der Rapid-Fan Fußballstadien, doch angesichts schwacher Leistungen seiner Lieblingsmannschaft wird das immer mehr zur emotionalen Herausforderung.

*Die KEM Thermenregion Stegersbach umfasst die Gemeinden Bocksdorf, Burgauberg-Neudauberg, Hackerberg, Kemeten, Kukmirn, Litzelsdorf, Olbendorf, Ollersdorf im Burgenland, Rauchwart und Stegersbach.