Architektin der Energiewende

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KEM-Managerin im Porträt. Es gibt wohl kaum eine Region, in der in den vergangenen drei Jahren so viele öffentliche Gebäude saniert wurden wie in der Klima- und Energie-Modellregion (KEM) Schmidatal. Kein Wunder, denn KEM-Managerin Silvia Köllner ist Architektin und Baumeisterin und treibt die Projekte voran. Sichtbares Ergebnis ihrer Arbeit sind auch die LED-Straßenbeleuchtung, sechs Bürgerbeteiligungs-Photovoltaikanlagen sowie fünf neue E-Ladestationen.

Gleich zwei sogenannte Mustersanierungen betreut Silvia Köllner derzeit. Das denkmalgeschützte Gemeindeamt Ziersdorf wird gerade in ein energieeffizientes Vorzeigegebäude verwandelt. Demnächst soll auch die Mustersanierung der NMS Ravelsbach starten. „Startschuss für unsere Sanierungsoffensive, aber auch für die Gründung der KEM war die Mustersanierung der Volksschule Ziersdorf mitsamt des Turn- und Veranstaltungssaals“, erklärt Köllner. Der Energiebedarf der Gebäude konnte auf ein absolutes Minimum gesenkt werden. Das Projekt erregte weit über die Region hinaus Interesse in der Fachwelt – der KEM-Newsletter berichtete.

Energieeffizient turnen. Auch im Gemeindehaus und im Kindergarten Sitzendorf sowie im Turnsaal der Volksschule Maissau wurde die Energieeffizienz durch Sanierungsmaßnahmen deutlich verbessert. Apropos Schule: „Wir haben nicht sehr viele Schulen in unserer Region, doch diese sind sehr an den Themen Klimaschutz und Energie interessiert“, freut sich Köllner. So reichte sie nach dem erfolgreichen Klimaschulen-Projekt 2016/17 zum Thema Ernährung nun ein zweites Klimaschulen-Projekt für den Schulstart im Herbst ein. Diesmal sollen unter dem Titel „Die unendliche Energiegeschichte“ die erneuerbaren Energien im Mittelpunkt stehen.

Sonnenbausteine. Vor zwei Jahren setzte Köllner ihr erstes Bürgerbeteiligungsprojekt in Hohenwarth-Mühlbach am Manhartsberg um. Die Erfahrungen damit waren überaus positiv. Im November 2017 legte die KEM-Managerin daher Sonnenbausteine für fünf weitere Photovoltaikanlagen mit einer Spitzenleistung von insgesamt mehr als 200 Kilowattpeak auf. „Zuerst dachte ich an einen Fehler“, so Köllner. „Doch es hat gestimmt: Wir haben zwei Drittel der insgesamt 700 Anteile über Nacht verkauft und den Rest am folgenden Tag.“ 3,2 Prozent Zinsen erhalten die privaten InvestorInnen. Die Kläranlagen Sitzendorf, Ravelsbach-Maissau und Ziersdorf, das Gemeindeamt Ziersdorf sowie das Oldtimermuseum Heldenberg werden nun mit Sonnenstrom versorgt.

Ebenfalls 2016 gelang es Köllner, alle Gemeinden der KEM Schmidatal* zur gemeinsamen Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED zu bewegen. „In jeder Gemeinde bestand Bedarf. Insgesamt wurden rund zwei Drittel aller bestehenden 4.630 Lichtpunkte erneuert, in zwei Gemeinden fast die komplette Straßenbeleuchtung“, fasst Köllner zusammen.

 

Große Pläne. Auf Köllners To-do-Liste steht der weitere Ausbau der Photovoltaik, der sanfte Tourismus – vor allem der Radtourismus – sowie die Elektromobilität. Seit kurzem verfügen nun vier der sechs KEM-Gemeinden über eine E-Ladestation. Nur in Ravelsbach dauert die Errichtung noch ein paar Monate, da hier gerade der Hauptplatz umgebaut wird. Umbauten könnten auch im Wirtschaftspark Schmidatal Manhartsberg anstehen. „In der Nachbarschaft des Wirtschaftsparks produziert eine Biogasanlage Strom, doch die dabei entstehende Wärme verpufft ungenutzt“, so Köllner. Das möchte sie ändern.

Außerdem will die KEM-Managerin die Märkte am 8. September in Ziersdorf und im Oktober in Maissau aufwerten. „Ich möchte das Bewusstsein der Bevölkerung für regionale Produkte schärfen und natürlich auch die Projekte der KEM bewerben“, so Köllner. „Es auch wird einen Infostand der Energie- und Umweltagentur NÖ
mit aktuellen Informationen zur E-Mobilität samt Vor-Ort-Beratung zu Technik und aktuellen Förderungen geben. E-Autos und -Mopeds können getestet werden.“ 

Seniorentaxi. Derzeit heckt sie gemeinsam mit den Bürgermeistern und drei regionalen Taxiunternehmen ein Mikro-ÖV-Projekt aus. Ziel ist die Schaffung eines vor allem für die Bedürfnisse älterer Menschen ausgelegten Angebots. „Unsere Seniorinnen und Senioren sollen so einfacher zum Arzt, zum Einkaufen oder in den nächsten größeren Ort gelangen“, erläutert Köllner. „Verlaufen die anstehenden Gespräche positiv, könnten wir diesen Service vielleicht schon heuer im Herbst anbieten.“

Nach der HAK in ihrem Heimatort Hollabrunn absolvierte Köllner ein College für Bautechnik in Krems. Nach vierjähriger Tätigkeit im Bereich Bautechnik hängte sie ein Studium der Architektur an der TU Wien dran und legte die Baumeister-Prüfung ab. Seit 2010 betreibt sie ihr eigenes Büro SK_architecture in Ziersdorf, zuerst als Baumeisterin,  seit 2016 als Ziviltechnikerin.

Kampferprobt. Ihre Freizeit verbringt Silvia Köllner am liebsten mit ihrer Familie. Ihre beiden Söhne, ein und viereinhalb Jahre alt, halten sie auf Trab. „Ich habe früher viel Sport betrieben und war als Jiu-Jitsu-Trainerin aktiv. Dafür fehlt mir nun die Zeit, aber wir unternehmen viele Ausflüge, gehen in den Wald und suchen Schwammerl“, verrät Köllner. Mit dabei ist meistens Shetland-Sheepdog Paulinchen. Sie sorgt dafür, dass kein „Schäfchen“ verloren geht.

 

* Die KEM Schmidatal umfasst die Gemeinden Heldenberg, Hohenwarth-Mühlbach am Manhartsberg, Maissau, Ravelsbach, Sitzendorf an der Schmida und Ziersdorf.