Der Klimaschutz als Gamechanger im Tourismus

8 Klimawandle Tourismus

Bis 2040 soll Österreich klimaneutral werden – mit dem Tourismus in einer zweifachen Schlüsselrolle. Er bekommt die Auswirkungen des Klimawandels massiv zu spüren, kann zugleich aber – etwa im Bereich Mobilität –den Klimaschutz entscheidend voranbringen. Zu diesem Schluss kommt der aktuelle Special Report „Klimaschutz und Tourismus“, der von 39 WissenschafterInnen disziplinenübergreifend im Auftrag des Klima- und Energiefonds erstellt wurde. Das Potenzial des klimafreundlichen Tourismus in Österreich belegt auch eine aktuelle Umfrage durch Karmasin Research.

Die Klimakrise stellt den österreichischen Tourismussektor vor große Herausforderungen. Für den Winter zeigen Simulationen bis 2050 einen Rückgang der österreichweiten Nachfrage in Skigebieten von 2,2 bis 6,7 Prozent sowie eine große räumliche Verschiebung: Während sich am Alpenrand die Nachfrage halbieren könnte, sind im westlichen Tirol sowie in Teilen Kärntens Zunahmen von 50 Prozent möglich. Im Sommertourismus wiederum wird die gesundheitliche Belastung durch längere Hitzeperioden zunehmen, dazu kommen Faktoren wie zunehmende Steinschlaggefahr beim Klettern und niedrige Pegelstände für Wassersportarten. Um Maßnahmen möglichst effektiv umsetzen zu können, plädieren die AutorInnen für konkrete rechtliche Rahmenbedingungen und eine Harmonisierung von Klimaschutzmaßnahmen, Handlungsoptionen und Anpassungsstrategien auf nationaler, regionaler und betrieblicher Ebene.

Wirkungshebel Mobilität. Der Bericht streicht insbesondere die Potentiale im Bereich Mobilität hervor. Um die Klimabelastung des Tourismus zu reduzieren, bedarf es einer Verbesserung des öffentlichen Verkehrsangebots für die An- und Abreise genauso wie für die Mobilität vor Ort, etwa durch bedarfsorientierte Mobilitätslösungen.

„Auch der österreichische Tourismus steht im Kampf gegen die Klimakrise vor einer großen Herausforderung“, erklärt Klimaschutzministerin Leonore Gewessler. „Durch die zunehmende Hitze verändern sich die Rahmenbedingungen – egal ob beim Skifahren oder im Städtetourismus. Viele Betriebe und Unternehmen reagieren genau jetzt auf diese Herausforderung und nützen damit eine große Chance. Denn auch die Reisenden wünschen sich mehr Nachhaltigkeit. So kann der österreichische Tourismus Erfolg und Klimaschutz verbinden.“

„Ich bin überzeugt, dass ein klimaschonender österreichischer Tourismus für die Zukunft Wettbewerbsvorteile und einen internationalen USP schafft, der die regionale Wertschöpfung nach oben treibt“, ergänzt Klima- und Energiefonds-Geschäftsführer Ingmar Höbarth. „Um es mit den Worten der ExpertInnen des Special Reports zu sagen: Aus dem ‚Paris-Lifestyle‘, also einem Lebensstil, der zur Einhaltung der Klimaziele von Paris beiträgt, muss der ‚Austrian-Lifestyle‘ werden – der genau das transportiert, was unser Land ausmacht: höchste Lebensqualität bei größtmöglichem Respekt für Natur, Umwelt und zukünftige Generationen. Heben wir vorhandene Synergien und nutzen wir die Möglichkeiten.“

Den Stellenwert des Klimaschutzes bei österreichischen und deutschen TouristInnen sowie in der Tourismusbranche untersuchte das Meinungsforschungsinstitut Karmasin Research & Identity im Auftrag des Klima- und Energiefonds.

Zentral ist dabei die Erkenntnis, dass für mindestens 70 Prozent der TouristInnen Klimaschutz im Tourismus aktuell ein (sehr) wichtiges Thema ist. Bei Tourismusunternehmen und -verbänden fallen die Zustimmungsraten mit 89 bis 100 Prozent noch höher aus. Auch bewerten alle genannten Gruppen klimafreundlichen Tourismus überwiegend als große Chance für das Urlaubsland Österreich: 71 Prozent der österreichischen und 65 Prozent der deutschen TouristInnen sowie 53 Prozent der Unternehmen und 96 Prozent der Verbände stimmen dieser Aussage zu.

Noch kein Entscheidungskriterium. Allerdings ist der Klimaschutz bei den TouristInnen noch kaum ein tatsächliches Entscheidungsprinzip. Nur 15 Prozent (Österreich) bis 20 Prozent (Deutschland) geben an, schon einmal eine Urlaubsentscheidung unter Bedacht auf den Klimaschutz getroffen zu haben. Als Hauptbarrieren werden fehlende Auswahlkriterien zur Klimafreundlichkeit in Online-Suchmaschinen (Österreich 39 Prozent / Deutschland 24 Prozent), zu wenig Kommunikation zu diesem Thema (39 bzw. 32 Prozent) und zu wenig Angebot (je 36 Prozent) genannt.

„Die Umfrage zeigt einen Informationsmangel bei TouristInnen in Bezug auf Klimaschutz im Tourismus“, so Meinungsforscherin Sophie Karmasin. „Neben einem erhöhten Angebot wünschen sie sich mehr Aufklärung, transparente Kommunikation und beispielsweise Auszeichnungen für besonders umweltgerechte Tourismusregionen und Betriebe. Auf der anderen Seite meinen Unternehmen und Verbände, klimafreundliche Angebote müssten stärker von Gästen nachgefragt werden. Hier braucht es eine vertiefende Abstimmung zwischen den Akteuren.“

Nachhaltigkeitssiegel und Mobilitätsfokus. Großen Erfolg gibt es aktuell aus der KEM Nassfeld-Pressegger See/Weissensee/Lesachtal zu berichten: Sie hat als erste Region Österreichs einen internationalen Zertifizierungsprozess nach den Kriterien des Global Sustainable Tourism Council erfolgreich abgeschlossen und wird in Kürze das entsprechende Nachhaltigkeitssiegel tragen dürfen. Und die Modellregion Zell am See – Kaprun befindet sich durch umfassende Maßnahmen im Bereich Mobilität am Weg zum internationalen Vorzeigebeispiel.

Beide KEMs sind Schwerpunktregionen für nachhaltigen Tourismus und heben sich durch ihre Ambitionen und umfangreichen Maßnahmen von anderen Regionen ab. Sie dienen damit als nationale und internationale Inspiration für Nachahmer. Mehr Informationen zu den Klima- und Energiemodellregionen finden Sie hier

Interdisziplinäre Erhebung. Dank einer Förderung des Klimaschutzministeriums konnte der Klima- und Energiefonds einen Special Report „Tourismus und Klimawandel“ in Auftrag geben. Er ist eine umfassende, interdisziplinäre Erhebung des aktuellen Forschungsstands zu den komplexen Beziehungen zwischen Tourismus, Veranstaltungen und Klimawandel. Für den vorliegenden Bericht haben 39 WissenschafterInnen führender Forschungseinrichtungen, unterstützt durch ein internationales Team an BegutachterInnen, mehr als zwei Jahre intensiv zusammengearbeitet.

Das Austrian Panel on Climate Change (APCC) wurde auf Initiative des Klima- und Energiefonds gegründet und vereint renommierte ExpertInnen der österreichischen Klimaforschungsgemeinschaft, die regelmäßig den aktuellen Stand der Forschung zum Klimawandel Österreich zusammentragen.

Ausführliche Informationen zum Bericht sowie das Gesamtwerk, eine Zusammenfassung für EntscheidungsträgerInnen und eine technische Zusammenfassung stehen hier bzw. hier zur Verfügung.