KEM-Manager im Porträt. Almen, Kühe, Käse, Kräuter und Erholungssuchende – zehntausende pro Jahr. Martin Auer unterstützt als KEM-Manager die dominierende Tourismuswirtschaft im Klimafreundlichen Naturpark Almenland. Aber er nutzt sie auch, um die Einheimischen zum Umdenken und Handeln zu motivieren.
Wenn Martin Auer sein Büro in Gasen verlässt, fällt sein Blick auf jede Menge blau schimmernder Photovoltaikanlagen. Stolze 400 Kilowatt Spitzenleistung (kWp) wurden in der Gemeinde installiert, seit die KEM Klimafreundlicher Naturpark Almenland im Februar 2016 in ihre Umsetzungsphase startete. Neben PV-Anlagen hat Gasen auch drei Gaststätten im Ortskern, obwohl hier lediglich 918 EinwohnerInnen ansässig sind. Denn Gasen ist die Heimat der Stoakogler – und Pilgerstätte für Freunde der Volksmusik.
Face-to-face. „Ich gehe öfters in die Gasthöfe essen“, sagt Auer, „und natürlich bringe ich an den Stammtischen meine Themen ein. Oft sagen die Leute zu mir: ‚Du hast ja recht, aber den ganzen Aufwand mit Firma suchen und Förderung einreichen will ich mir nicht antun.‘ Dann biete ich ihnen an, sie dabei zu unterstützen.“ Das ist für viele ein überzeugendes Argument und so wickelte Auer in der Region bislang rund 60 Förderungsansuchen in Sachen Solarenergie und Biomasse ab, 50 private und zehn für Firmen. „Eigentlich müsste ich in allen sechs KEM-Gemeinden* in den Wirtshäusern sitzen, dann ginge die Energiewende noch viel schneller voran“, meint Auer mit Augenzwinkern.
Wenn jemand sagt, die E-Mobilität sei ein Blödsinn, lässt ihn Auer ein paar Runden mit seinem elektrischen Renault ZOE drehen. Auch einer der Wirte nahm Auers Hilfe in Anspruch – mit dem Ergebnis, dass seine teuren Lastspitzen im Stromverbrauch nun durch PV-Strom und Lastmanagement deutlich niedriger ausfallen. So „weiß“ die Gefriertruhe nun, wann der Induktionsherd in Betrieb genommen wird, und schaltet sich automatisch aus, sofern das Gefriergut dadurch nicht gefährdet wird.
Land unter. Gefährdet ist die Region rund um Teich- und Sommeralm allerdings massiv durch den Klimawandel. Die Gemeinde Gasen musste im Vorjahr und auch heuer fünfmal nach Überschwemmungen zum Katastrophengebiet erklärt werden. Schon 2016 hatte eine Mure die Landesstraße blockiert, heuer versperrten umgestürzte Bäume sowie eine Überschwemmung im September die Landstraße. Die Unwetter führten immer wieder auch zu Stromausfällen. „Daher haben sich die KEM-Gemeinden entschlossen, die Anschaffung von elektrischen Speichern zusätzlich zur ÖMAG-Förderung mit bis zu 375 Euro zu unterstützen“, erklärt Auer.
In Zusammenarbeit mit der Energie Steiermark entstanden in jeder der sechs Gemeinden E-Ladestellen mit jeweils drei bis fünf Ladepunkten mit 11 oder 22 kW. Im Vorjahr hatte die Elektrorallye e-via auf der Teichalm eine Station und heuer auf der Brandluckn. Am 26. September machte die WAVE-Trophy in Passail halt. „Selbstverständlich nutze ich solche Veranstaltungen auch für die KEM“, sagt Auer. „Bei der heurigen WAVE-Trophy war auch ein Team mit Elektro-LKW unterwegs, das wollte ich meinen BürgermeisterInnen natürlich zeigen.“
Mobilmachung einmal positiv. Eine der aktuell wichtigsten Herausforderungen stellt für Auer die Etablierung eines „Mikro-ÖV“-Systems dar. Denn die KEM wird vom öffentlichen Verkehr nicht gerade verwöhnt. Als Vorbild dient ihm das GUSTmobil in der benachbarten KEM Graz-Umgebung Nord. „Ein Anrufsammeltaxi wäre tagsüber vor allem für ältere Menschen wichtig“, erklärt Auer. „Außerdem wären die aktuell kalkulierten Kosten für die Gemeinden deutlich geringer als bei fixen Buslinien.“
„Klimafrisch auf den Tisch“ servierte Auer vier Volksschulen und einer NMS sein Klimaschulenprojekt. „Wir haben im Almenland mehrere Naturparkschulen, die sich bereits seit längerer Zeit mit Umwelt- und Klimaschutzthemen beschäftigen“, so Auer. „In mein erstes Klimaschulenprojekt wollte ich daher Schulen einladen, die das bislang noch nicht so intensiv gemacht haben.“ Im Projekt ging es schwerpunktmäßig um den Themenkreis Konsum, Lebensstil und Ernährung. Weiters standen Biodiversität und die Nachhaltigkeit auf dem Schulweg auf dem Lehrplan. Spielerische Auseinandersetzung mit erneuerbarer Energie bietet auch der im Juni 2018 eröffnete Familien-Energiepark auf der Teichalm. Dessen Highlight ist ein Mini-Wasserkraftwerk als metallhybrides Wasserrad-System.
Strohbau. In seiner Freizeit zieht es Auer in die Natur oder auf den Fußballplatz. Kicken, Laufen, Skifahren oder durchaus auch einmal Holzarbeiten, dabei baut Auer Stress ab und erneuert seine persönlichen Energien. Die braucht er auch, denn er steckt mitten im Hausbau. Die Holzriegelkonstruktion mit Strohballendämmung und Photovoltaik-Fassade vereint das, was er auch am Stammtisch propagiert: Nachwachsende Rohstoffe aus der Region, höchste Energieeffizienz und erneuerbare Energie.
Was das Baumaterial Stroh alles kann, demonstriert Auers Partnerin Heidrun Kögler derzeit gerade gemeinsam mit dem Strohballenexperten Virko Kade im Rahmen eines Workshops in Pischelsdorf. Diesen Beitrag zum nachhaltigen Bauen konnte sich der KEM-Newsletter nicht entgehen lassen. Lesen Sie hier weiter.
* Die KEM Klimafreundlicher Naturpark Almenland umfasst die Gemeinden Breitenau am Hochlantsch, Fladnitz an der Teichalm, Gasen, Passail, Pernegg an der Mur und Sankt Kathrein am Offenegg.