EMIL und die Wärmedetektive

1 Portrait Zirkler

KEM-Managerin im Porträt. Eva Zirkler leitet seit 2017 die Geschicke der KEM Amstetten Süd. Die Wärmewende, nachhaltige Mobilität und Energieraumplanung liegen ihr besonders am Herzen. Dabei greift sie mitunter zu ungewöhnlichen Methoden. Mit Erfolg.

Der „Gemeinde Dienstleistungsverband Region Amstetten für Umweltschutz und Abgaben“ (gda) ist die Trägerorganisation der KEMs Amstetten Nord und Süd. Er entlastet 35 Gemeinden im Abgabenbereich und liefert Unterstützung für umweltrelevante Maßnahmen der Mitgliedsgemeinden. Und der gda hat etwas, um das ihn andere Klima- und Energie-Modellregionen beneiden: Er verfügt aus seiner Vorgeschichte als Umweltverband über eine Datenbank mit rund 30.000 Heizungen im gesamten Bezirk Amstetten und der Statutarstadt Waidhofen an der Ybbs.

Daten und Taten. „Die KEM schickt den Gemeinden jährlich eine Statistik zu, die zeigt, wie hoch ihr aktueller Anteil an erneuerbarer Energie im Wärmebereich ist“, erklärt Eva Zirkler. Die Auswertungen werden grafisch aufbereitet, sodass sie von den Gemeindezeitungen übernommen werden können. Der gda selbst versendet vier Mal pro Jahr eine hauseigene Zeitschrift an alle Haushalte – selbstverständlich auch mit Beiträgen der KEMs.

Die KEM-Managerin unterstützt parallel dazu die Umweltgemeinderäte dabei, ihre Bevölkerung über den Raus-aus-dem-Öl-Bonus zu informieren und zur Umstellung auf erneuerbare Heizsysteme zu motivieren. „Das ist uns besonders wichtig, da in der KEM zu 63 Prozent mit fossiler Energie geheizt wird“, so Zirkler. Den Löwenanteil macht Erdgas aus.

Mustersanierung. Selbstverständlich bietet die KEM den Gemeinden auch Beratung für die Heizungsumstellung in gemeindeeigenen Gebäuden an. Zirkler empfiehlt, möglichst größere Heizanlagen zu installieren, die gut gewartet werden und auch Nachbargebäude mitversorgen. Eine dieser Beratungen mündet nun in eine Mustersanierung. Das Gemeindeamt von Hollenstein/Ybbs – ein Haus aus der Mitte des 17. Jahrhunderts und Zeitzeuge der Eisendynastie in der Region – soll nach langen Verhandlungen mit dem Denkmalschutzamt demnächst runderneuert werden.

In manchen Landgemeinden der KEM Amstetten Süd* ist die Energiewende im Wärmebereich fast vollständig umgesetzt. „Es wurden in der Vergangenheit zahlreiche Biomasse-Fernwärmeanlagen errichtet, ein weiterer Ausbau wäre in manchen Orten nicht mehr wirtschaftlich“, so Zirkler. „In den industriell geprägten Städten Amstetten und St. Valentin dominieren jedoch nach wie vor fossile Energieträger.“

Die Datenbasis des gda war auch für die Österreichische Energieagentur, die vom Klima- und Energiefonds mit der Studie „Visionzero KEM“ beauftragt worden war, verlockend. „Das überraschendste Ergebnis für die Studienautoren und uns war, dass es bei der Dekarbonisierung weniger um Industrie und Gewerbe als um den privaten Konsum geht. Ohne die Bevölkerung werden wir die Energiewende nicht schaffen“, meint Zirkler.

Nachverdichtung. „Eines meiner Steckenpferde ist die Energieraumplanung“, bekennt Zirkler. Dazu hat sie sich gemeinsam mit der Raumplanerin Margit Aufhauser-Pinz, Geschäftsführerin der Kommunaldialog Raumplanung GmbH, einen mutigen Schritt zur Nutzung unbebauter zentrumsnaher Grundstücke einfallen lassen: In der Marktgemeinde Aschbach wurden beispielsweise die BesitzerInnen solcher Grundstücke von der Gemeinde eingeladen. Denn langsam wird auch am Land der Baugrund knapp und brachliegende Flächen in den (Orts-)Zentren verursachen den Gemeinden Kosten für die Infrastruktur (zum Beispiel für den Kanal), denen keine Einnahmen gegenüberstehen. So forderte die Gemeinde die GrundstücksbesitzerInnen auf, ihre Flächen innerhalb von fünf Jahren zu bebauen oder zu verkaufen. Andernfalls müsste über eine Rückwidmung nachgedacht werden. „Zu meinem Erstaunen sind diese Gespräche sehr gut verlaufen“ sagt Zirkler und erstellt nun einen Leitfaden für andere Gemeinden.

Danke, RadfahrerInnen! Im Rahmen ihres Leitprojekts „Mobilitätsvielfalt Mostviertel“ setzt Zirkler gemeinsam ihrem Kollegen Philipp Peham und dem Amstettner Mobilitätsbeauftragten Markus Brandstetter heuer zahlreiche Teilprojekte um. So wurden PendlerInnen in Amstetten und St. Valentin, die mit dem Fahrrad zum Bahnhof kamen, mit einem kostenlosen Radservice belohnt. Weitere Schwerpunkte bilden Carsharing und Mitfahrbörsen sowie der öffentliche Verkehr.

Mit 50 öffentlichen Ladestationen von Gemeinden, Beherbergungsbetrieben und Ausflugszielen besitzen die KEMs Amstetten Süd und Amstetten Nord eines der dichtesten E-Tankstellen-Netze Österreichs. Die Ladestellen konnten zwei Jahre kostenlos genutzt werden. Nun arbeiten Zirkler und ihre KollegInnen an einem Abrechnungssystem, da etliche Ladestationen inzwischen stark frequentiert werden. In und um Euratsfeld sorgt der Verein EMIL mit ehrenamtlichen FahrerInnen für bequeme Elektromobilität zu sehr günstigen Tarifen. Auch zum Bahnhof Amstetten ist EMIL unterwegs.

Zu heiß. Beide KEMs, Amstetten Nord und Süd, sind seit heuer auch Klimawandelanpassungsmodellregionen (KLAR) und arbeiten gerade ihre zehn Maßnahmen aus. Mit dabei werden Projekte für Insekten und gegen die Überhitzung im urbanen Bereich sein. Stadt Haag möchte beispielsweise einen Stadtwald errichten.

Im Jahr 2017 half die KEM auch kräftig bei der Gründung von Repair Cafés in Amstetten, Ardagger, St. Valentin und Waidhofen mit. Diese arbeiten nun eigenständig und bieten meist einmal pro Monat Termine zur gemeinsamen Reparatur verschiedener Produktgruppen an: Textilien, Elektrogeräte, Fahrräder und so weiter.

Innovatorin. Eva Zirkler studierte an der Fachhochschule Wr. Neustadt (Campus Wieselburg) Produkt- und Projektmanagement mit Schwerpunkt erneuerbare Energien und nachwachsende Rohstoffe und absolvierte das Masterstudium „Innovationsmanagement“. Seit 2005 ist sie beim Regionalmanagement Mostviertel und der Leader-Region Moststraße tätig. 2015 war sie erstmals auch in KEM-Projekte involviert. Zwei Jahre später wurde sie Managerin der KEM Amstetten Süd.

Die in der „Sonnenhauptstadt“ Gleisdorf geborene KEM-Managerin lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Töchtern – fünf und neun Jahre alt – in Wieselburg. In ihrer Freizeit erklimmt sie gerne die Hügel der Region, wenn es nicht gerade in ihrem geliebten Naturgarten etwas zu tun gibt. „Wir versuchen auch in der Familie so zu leben, dass wir einen möglichst geringen ökologischen Fußabdruck hinterlassen.“

 

* Die KEM Amstetten Süd umfasst die Gemeinden Allhartsberg, Aschbach-Markt, Behamberg, Biberbach, Ertl, Euratsfeld, Ferschnitz, Haidershofen, Hollenstein an der Ybbs, Kematen an der Ybbs, Neuhofen an der Ybbs, Opponitz, Seitenstetten, Sonntagberg, St. Georgen am Reith, St. Peter in der Au, Waidhofen an der Ybbs, Weistrach und Ybbsitz.