Beratung ganz groß geschrieben

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KEM-Managerin im Porträt. Sie treibt den Photovoltaikausbau und den Ausstieg aus Ölheizungen voran, fördert den regionalen Einkauf und steht der Bevölkerung mit Rat und Tat zu Seite. Seit 2016 leitet Angelika Allmer-Glatz die Geschicke der KEM EnergieIMpuls Vorau.

In Vorau wird noch viel mit Kamin- und Schwedenöfen sowie mit Küchenherden eingeheizt, vor allem in der Übergangszeit. „Man sollte meinen, die Menschen wissen, wie man in solchen seit Generationen verwendeten Öfen richtig Feuer macht“, sagt Allmer-Glatz. „Doch viele wissen es nicht. Dabei kann richtiges Einheizen die Emissionen in alten Öfen um mehr als die Hälfte reduzieren.“ So standen beim Projekt Clean Air by Biomass 2019 nicht nur Beratung zu Heizsystemen und Kesseltausch, sondern auch Nutzer*innenschulungen auf dem Programm. 50 Haushalte sind nach der Beratung von Heizöl auf Biomasse umgestiegen.

Richtig mit Holz heizen. Für das Folgeprojekt Clean Air II im Vorjahr kam eine App zum Einsatz, mit der die User*innen ihre Einheizvorgänge dokumentieren konnten, um am Ende der Heizsaison eine individuelle Heizberatung zu erhalten. Und wie feuert man einen Holzofen nun richtig an? „Von oben“, weiß die KEM-Managerin. „Das hat zudem den Nebeneffekt, dass die Kamintür nicht so rasch verrußt – ein Argument, das bei vielen Leuten besser wirkt als der Hinweis auf geringere Feinstaubemissionen.“

Gemeinsam mit pro mente fördert sie den Reuse-Gedanken im Rahmen eines Sozialprojekts. Die KEM lädt zur Dachbodenentrümpelung ein und zwei pro mente-Mitarbeiterinnen verkaufen die Haushaltsartikel, Elektrogeräte und Spielsachen in einem Laden in der Bezirkshauptstadt Hartberg.

Sonnenstrom. Unübersehbar in Vorau ist das Stift der Augustiner Chorherren. Und nichts soll den Blick auf das große Barockgebäude trüben. Das lässt Diskussionen über Photovoltaikdächer im Zentrum von Vorau manchmal hitzig werden. Dennoch gelang es, einige öffentliche Gebäude mit PV-Anlagen auszustatten: die Volksschule (165 kWp), das Krankenhaus (100 kWp) und das Gesundheitszentrum (4,5 kWp). Auch die Urkraftarena, ein Freizeit- und Sportzentrum, soll ab nächstem Jahr Sonnenstrom erzeugen und überdies Teil einer Energiegemeinschaft werden. Im Gesundheitszentrum wird nächstes Jahr auch die Ölheizung durch ein erneuerbares Heizsystem ersetzt – damit sind dann alle öffentlichen Gebäude Voraus ölkesselfrei.

Andererseits genießt die KEM seitens des Stifts auch Unterstützung bei der Schöpfungsverantwortung. So starteten die Vorauer Klimaschutztage 2019 mit einem „stromlosen Gottesdienst“ und endeten mit dem Erntedankfest in der Stiftskirche. Auf dem Programm standen eine Sternwanderung, eine Ideenwerkstatt, ein Ressourcenflohmarkt, ein Auftritt des aus Vorau stammenden Kabarettisten Hans-Peter Arzberger sowie Vorträge und eine Podiumsdiskussion. So berichtete unter anderen Alexander Podesser, Leiter der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Steiermark, über die aktuelle und zukünftige Klimaentwicklung im Joglland/Wechselgebiet. Nach einer pandemiebedingten Pause sollen die Vorauer Klimaschutztage 2022 wieder veranstaltet werden.

Beratung, Beratung, Beratung. Angelika Allmer-Glatz studierte Gebäude- und Energietechnik an der FH Pinkafeld und arbeitet als Planerin und Energieberaterin. Im Rahmen des steirischen Landesprogramms „Ich tu's“ informiert sie individuell zu Themen wie Heizungsumstieg, Wohnhaussanierung, Photovoltaik und Stromspeicher. „Wir haben in Vorau doppelt so viele Energieberatungen wie im Landesschnitt“, freut sich Allmer-Glatz. „Besonders groß war heuer das Interesse an Stromspeichern. Dabei geht es den Menschen weniger um die Steigerung des Eigenverbrauchsanteils als um die private Blackout-Vorsorge.“

Um das Einkaufen regionaler Lebensmittel zu erleichtern, aktualisierte Allmer-Glatz eine Broschüre mit allen Adressen bäuerlicher Direktvermarkter*innen. Erhältlich sind deren Produkte auch in einem Bauernladen in Schachen. Wer daheim keine Möglichkeit zum Einfrieren hat, kann sich auch der Tiefkühlgemeinschaft anschließen. Deren Kühlhaus im Zentrum von Vorau wird mit Photovoltaik betrieben – die Anlage ist seit 2017 eigenverbrauchsoptimiert.

Auch die Bewusstseinsbildung für Kinder und Jugendliche ist der Mutter einer 13-jährigen Tochter und eines 11-jährigen Sohns ein wichtiges Anliegen. Sie organisierte Energiewandertage, Projekte wie „Energiegeladene Kids“ und für die Kleinen „Klimaschutz in der Schultasche“, holte die Wanderausstellung Klimaversum nach Vorau und sorgte in der Europäischen Mobilitätswoche für „blühende Straßen“. Nächstes Jahr möchte die KEM-Managerin ein Klimaschulenprojekt einreichen.

Energieautarkes Büro. Ihren Arbeitsplatz hat Allmer-Glatz im Impulszentrum Vorau, einem Vorzeigeobjekt für klimafreundliche Architektur. Geheizt wird vor allem über eine 110 Quadratmeter große thermische Solaranlage mit einem 6.000-Liter-Pufferspeicher. Im Sommer sorgt eine Absorptionswärmepumpe für solare Kühlung. Die zentrale Lüftungsanlage mit Luft-Erdreichwärmetauscher sorgt für eine effiziente Verteilung von Wärme und Kälte. Eine 60 kWp-Photovoltaikanlage und ein 70 Kilowattstunden fassender Stromspeicher ermöglichen eine nahezu autarke Stromversorgung. Auch für die E-Tankstelle steht ausreichend Strom zur Verfügung.

Neben ihrer Arbeit ist die KEM-Managerin auch als Gemeinderätin und Obfrau des Umweltausschusses tätig. Ihre Freizeit „gehört ganz der Familie“ – und am liebsten ist die Familie Allmer-Glatz auf den Bergen oder mit dem Fahrrad unterwegs. Bislang gehören die Straßen in Vorau und Umgebung jedoch noch den „heiligen Kühen“, den Autos. Doch ab nächstem Jahr möchte sich Allmer-Glatz verstärkt auch für sicheres Alltagsradfahren und die dafür benötigte Infrastruktur einsetzen.

 

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